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Deswegen ist das Plastikabkommen nach drei Jahren gescheitert

by Redaktion
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Deswegen ist das Plastikabkommen nach drei Jahren gescheitert

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Nachrichten Linkding epa12301110 Delegates react during a plenary session of the Second Part of the Fifth Session of the Intergovernmental Negotiating Committee on Plastic Pollution (INC-5.2), at the European headquarters ...

Die Differenzen zwischen ambitionierten Staaten und den Ölländern waren in Genf offenbar zu gross.Bild: keystone

Die Verhandlungen in Genf über ein internationales Abkommen gegen Plastikverschmutzung sind wegen eines fehlenden Konsenses gescheitert. Ein Abriss.

Die Verhandlungen bei der UN-Konferenz in Genf über ein globales Abkommen gegen Plastikmüll sind vorerst gescheitert. Rund 180 Staaten konnten sich nicht auf einen gemeinsamen Vertragstext einigen. Besonders die erdölproduzierenden Staaten hatten eine umfassende Einigung zurückgewiesen und wollten sich weitestgehend auf ein besseres Abfallmanagement beschränken. Doch von vorne.

Verhandlungen haben vor drei Jahren gestartet

Bereits 2022 hatte die Umweltversammlung der Vereinten Nationen den Auftrag erteilt, ein globales, rechtlich bindendes Abkommen gegen Plastikverschmutzung zu erarbeiten – eines, das den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen abdeckt: von der Herstellung über das Design bis zur Entsorgung. Schon damals war die zentrale Streitfrage, ob sich die Staaten auf ein starkes Abkommen mit global verbindlichen Regeln und Kontrollmechanismen einigen können.

Die Befürworter hofften, dass das Abkommen ein klares Signal senden würde: dass die UN die Plastikverschmutzung als ebenso ernsthafte Bedrohung anerkennen wie die Klima- und Artenkrise.

Die UN-Verhandlungen begannen Ende 2022 und sollten ursprünglich bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Doch in der eigentlich letzten Verhandlungsrunde in Südkorea blieb der Durchbruch aus – daher einigten sich die Teilnehmenden auf eine Verlängerung der Gespräche in Genf. Diesmal sollte ein konkreter Vertragstext ausgearbeitet werden. Langfristig sollte das Abkommen auf einer Stufe mit anderen bedeutenden Umweltverträgen wie dem Pariser Klimaabkommen stehen.

Rote Linien in Genf

Die Differenzen zwischen ambitionierten Staaten wie der Schweiz und den Ölländern waren in Genf nun offenbar doch zu gross. Es kam zu keiner Einigung darüber, wie die Plastikproduktion reduziert und problematische Produkte kontrolliert werden könnten.

Denn um 02.00 Uhr hatte der Vorsitzende der Gespräche, Luis Vayas Valdivieso, nach zehntägigen Diskussionen einen neuen Textentwurf vorgestellt. Der Text enthielt jedoch kein langfristiges Ziel für eine Begrenzung der Produktion, abgesehen von rein nationalen und unverbindlichen Bemühungen. Für viele ehrgeizige Länder war der Entwurf deshalb inakzeptabel. «Es war mein bester Versuch, die Ansichten der Mitglieder ausgewogen zu erfassen», sagte der Vorsitzende in der abschliessenden Plenarsitzung.

«Die roten Linien sind unvereinbar.»

Vertreterin der australischen Delegation

Nach rund 48 Stunden fast pausenloser Diskussionen bedauerten mehrere der 185 versammelten Länder, dass es zu keinem Konsens kam. «Die roten Linien sind unvereinbar», fasste es die Vertreterin der australischen Delegation zusammen.

Nachrichten Linkding Members of the civil society they hug each other before leaving the Second Part of the Fifth Session of the Intergovernmental Negotiating Committee on Plastic Pollution (INC-5.2), at the European head ...

Enttäuschte Befürworter des Plastikabkommens umarmen sich. Bild: keystone

Im Zentrum der Verhandlungen stand eine Grundsatzfrage: Soll der geplante Vertrag verbindliche Obergrenzen für die Produktion von neuem Kunststoff festlegen – oder sich stattdessen auf Massnahmen wie besseres Design, Recycling und Wiederverwendung konzentrieren? Mehr als 100 Staaten forderten ambitionierte Vorgaben. Sie drängten auf eine Begrenzung der Kunststoffproduktion, ein Verbot von Einwegplastik und den Ausbau einer globalen Kreislaufwirtschaft.

Dem gegenüber standen mächtige Öl- und Gasförderländer wie Saudi-Arabien, der Iran und Russland. Sie lehnten jede Form von Produktionsbeschränkung strikt ab und plädierten für einen Vertrag, der sich auf Abfallwirtschaft und Wiederverwendung beschränkt. Verbindliche Regeln zur Reduktion von Kunststoff oder zur Regulierung giftiger Chemikalien wurden von ihnen blockiert – eine umfassende Einigung blieb so erneut aus.

Vorsitzender Valdivieso im Visier

Die Delegierten blieben uneins darüber, ob die beiden von Luis Vayas Valdivieso eingebrachten Entwürfe als Basis für die nächsten Verhandlungsschritte anerkannt werden sollen. Die Vorgehensweise des Vorsitzenden verärgerte viele Staaten und NGOs. Der ecuadorianische Botschafter verteidigte sich, indem er sich als Vermittler positionierte. Er habe nicht versucht, den Ländern etwas «aufzuzwingen».

Viele Akteure sahen in den Genfer Gesprächen die letzte Chance, ein ehrgeiziges Plastikabkommen zu erzielen. Die EU schloss weitere Verhandlungen nicht aus. Eine Koalition von Ländern könnte demnach ein Abkommen ausserhalb des Uno-Rahmens beschliessen. Die Reichweite des Abkommens würde aber durch die Abwesenheit der Ölländer beeinträchtigt.

Nachrichten Linkding epa12301125 Chair of the International Negotiating Committee Luis Vayas Valdivieso gestures during a plenary session of the Second Part of the Fifth Session of the Intergovernmental Negotiating Commit ...

Luis Vayas Valdivieso, der Vorsitzende der Gespräche in Genf.Bild: keystone

Inselstaaten: «Wir tragen die Hauptlast»

Der Vertreter des Inselstaats Palau, welcher für 39 kleine Inselentwicklungsländer (SIDS) sprach, äusserte sich frustriert darüber, dass immer wieder Ressourcen und Personal in solche Diskussionen investiert würden und man «immer wieder ohne ausreichende Fortschritte nach Hause zurückkehren muss, um unseren Bürgern etwas vorzuweisen … Es ist ungerecht, dass die SIDS die Hauptlast einer weiteren globalen Umweltkrise tragen müssen, zu der wir nur minimal beitragen.»

Die Schweiz wiederum hatte ihre Forderungen präzisiert. Bundesrat Albert Rösti sprach nur noch von einer «Verbesserung der Produktion» und zumindest einer Überwachung problematischer Produkte sowie von einem Finanzierungsmechanismus für die Entwicklungsländer. Der Bundesrat wollte ein «Genfer Abkommen» und beabsichtigte, das Sekretariat für einen allfälligen Vertrag zu beherbergen. Am Freitagmorgen im Plenum zeigte sich der Schweizer Chefunterhändler Felix Wertli «enttäuscht» und sprach von einer «schwierigen Zeit». Er bat die anderen Staaten um eine «Pause», um über das weitere Vorgehen nachzudenken.

Nachrichten Linkding Switzerland's Transport, Environment, Energy and Communications Minister Federal Councillor Albert Roesti, briefs the media during a press conference, at the Second Part of the Fifth Session of t ...

Die Schweiz konkretisierte ihre Forderungen: Bundesrat Albert Rösti betonte eine «Verbesserung der Produktion».Bild: keystone

«Ein Weckruf für die Welt»

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) hatten den Textentwurf abgelehnt und sprachen von einem «schlechten Vertrag» oder einem blossen «Abfallentsorgungsvertrag», der nicht auf die dringenden Herausforderungen für Gesundheit und Umwelt eingehe.

Greenpeace nahm die petrochemische Industrie in die Pflicht und meinte, das Scheitern der Verhandlungen müsse «ein Weckruf für die Welt» sein. Es brauche ein starkes, rechtsverbindliches Abkommen, das die Plastikproduktion reduziere, die menschliche Gesundheit schütze, eine robuste und faire Finanzierung biete und die Plastikverschmutzung von der Gewinnung bis zum Einsammeln beende.

Auch der WWF zeigt sich kritisch:

«Die Unfähigkeit der Staaten, sich in Genf zu einigen, ist eine bittere Enttäuschung. Eine Konferenz ohne Ergebnis entspricht weder den Forderungen von Wissenschaft, Unternehmen und Zivilgesellschaft noch den Versprechen der Staats- und Regierungschefs.»

Nach Ansicht der Organisation Ocean Care ist kein Vertrag besser als ein schlechter Vertrag. Die Verhandlungen hätten sowohl das Beste als auch das Schlechteste der multilateralen Diplomatie gezeigt, hiess es in einer Mitteilung. Eine Mehrheit an ambitionierten Ländern habe sich für wissenschaftlich fundierte Massnahmen eingesetzt, trotz des «enormen Drucks» seitens der petrochemischen Staaten.

Plastikverbrauch verdoppelt

Laut Greenpeace steht die Schweiz auf der Rangliste der Länder mit dem höchsten Anteil an gefährdeter Bevölkerung an zweiter Stelle. Mehr als 10 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner befinden sich demnach innerhalb von 10 Kilometern von einer Produktionsstätte, die mit Plastik in Verbindung steht. Expertinnen und Experten schätzen die jährlichen Gesundheitskosten, die weltweit durch die Plastikverschmutzung entstehen, auf mindestens 1,5 Billionen US-Dollar.

In fast 25 Jahren hat sich der Verbrauch von Plastik mehr als verdoppelt und lag 2024 bei schätzungsweise 500 Millionen Tonnen, von denen fast 400 Millionen Tonnen als Abfall enden. Wenn sich die Lage nicht stabilisiert, wird sich der Verbrauch bis 2060 noch einmal verdreifachen und auf über 1,2 Milliarden Tonnen ansteigen. Davon wird laut Schätzung der Abfall über eine Milliarde Tonnen ausmachen.

(les) mit Material der sda

Zur aktuellen Studienlage:

Vor der geplanten Ausweitung des Gaza-Kriegs bereitet Israel die Umsiedlung von Palästinensern innerhalb des abgeriegelten Küstenstreifens vor. Die Militärbehörde Cogat teilte auf der Plattform X mit, am Sonntag werde die Lieferung von Zelten und Ausstattung für die Unterkünfte wieder aufgenommen. Damit werde die Evakuierung der Bevölkerung aus Kampfgebieten vorbereitet. Die Menschen würden zu ihrem Schutz in den Süden des Gazastreifens gebracht. Einen konkreten Ort nannte die Behörde nicht.

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