Dieser Schweizer bleibt wegen Trump auf 17 Tonnen Käse sitzen

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Florian Spielhofer führt in Saint-Imier im Berner Jura eine Käserei. Der Produzent und Affineur der Marke Tête de Moine sitzt auf fast 20 Tonnen des berühmten Käses – eigentlich für den Export in die USA bestimmt, jetzt aber vorerst blockiert.

Aus der kleinen Käserei, die Vater Joseph Spielhofer 1982 in Cormoret gegründet hat, ist ein Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitenden geworden – verteilt auf zwei Standorte, in Sonvilier und in Saint-Imier, im gleichnamigen Tal, mitten im Berner Jura. Hier, am Nordhang des Chasseral, gehen Uhrenmanufakturen und Kühe seit jeher gut zusammen. Doch seit dem 7. August und den von Donald Trump verhängten 39 Prozent Einfuhrzöllen auf Schweizer Exporte in die USA ist die Postkartenidylle bedroht.

Das hat Florian Spielhofer erst einmal aus der Fassung gebracht. Zusammen mit seinem Bruder Cédric führt er den Familienbetrieb – und sorgt sich besonders um eine Charge von 17 Tonnen Tête de Moine, dem halbharten AOP-Käse, der am Standort Saint-Imier hergestellt und affiniert wird. Der Standort Sonvilier ist dem Gruyère vorbehalten – ebenfalls AOP.

Übersetzung

Dieser Text wurde von unseren Kolleginnen und Kollegen aus der Romandie geschrieben, wir haben ihn für euch übersetzt.

«Bis zu 50 Prozent Mehrkosten»

Auf diesen 17 Tonnen Tête de Moine könnte er sitzen bleiben. Eigentlich hätten sie dieser Tage in die USA ausgeliefert werden sollen.

«Weitere Bestellungen aus den USA waren bis Ende Jahr vorgesehen, sind aber vorerst gestoppt.»

Florian Spielhofer

Der Importeur, der diese Ware üblicherweise abnimmt, befürchtet, sie auf dem US-Markt nicht absetzen zu können – wegen der 39 Prozent Zölle, die zwangsläufig auf den Verkaufspreis weitergegeben werden müssten. «Bis zu 50 Prozent Mehrkosten, wenn man den Franken-Dollar-Wechselkurs berücksichtigt», präzisiert Spielhofer.

So etwas hat der 40-jährige Käser in seiner Laufbahn noch nie erlebt.

«Wir hoffen hier alle, dass die Zölle auf Lebensmittel so rasch wie möglich aufgehoben werden.»

Florian Spielhofer

«Immerhin sind Gold und die Pharmabranche vorerst von Donald Trumps Zöllen verschont», gibt er zu bedenken.

Wenn der Verkaufspreis für ein Kilo Tête de Moine in den USA bis zu 50 US-Dollar beträgt, ist die Rechnung schnell gemacht: 17 Tonnen würden unterm Strich potenziell 850’000 US-Dollar bedeuten.

US-Markt: Ein 350-Millionen-Traum

Berühmt durch die «Girolle» – jenes Schneidgerät, das «Rosetten» formt, die an einen Pilz erinnern –, ist der Tête de Moine der Käse schlechthin in diesem Teil des Juras und des Berner Juras. Verbunden mit der Abtei Bellelay, in der einst Mönche lebten – daher der Name (Tête de Moine bedeutet «Mönchskopf») und die typische Form, die an eine Tonsur erinnert –, wird er nur in sechs Käsereien nach strengen AOP-Vorgaben hergestellt. Die Familie Spielhofer produziert rund 500 Tonnen pro Jahr, davon gehen 60 Prozent in den Export. Insgesamt werden in der Region 3100 Tonnen hergestellt.

Florian, der ältere der beiden Brüder und verantwortlich für Produktion und Verkauf, erzählt:

«Wir haben vor rund fünf Jahren begonnen, den US-Markt aufzubauen. Das entspricht etwa 4 Prozent der Tête-de-Moine-Exporte. Die wichtigsten Auslandsmärkte sind Deutschland mit 46 Prozent, gefolgt von Frankreich mit 28 Prozent. Spanien liegt bei 5 Prozent.»

Florian Spielhofer

Ziel war – und ist es nach wie vor –, den US-Anteil auszubauen. «Der deutsche Markt mit seinen 80 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten stagniert. Die USA dagegen zählen 350 Millionen. Das Wachstumspotenzial ist deutlich grösser», sagt Florian Spielhofer mit leuchtenden Augen.

Wohl keine Exporthilfen

Was tun mit den 17 Tonnen, die zuletzt für die USA produziert wurden – ein Drittel der Tête-de-Moine-Menge, die die Käserei in Saint-Imier jährlich dorthin exportiert? Eigentlich müsste man sie dort trotzdem absetzen. Aber wie?

«Wir haben etwas Spielraum und können den Bestand an Tête de Moine erhöhen, aber das kann nicht unbegrenzt so weitergehen», sagt Spielhofer. «Sollten alle Aufträge annulliert werden, müssten wir eine Reduktion der Produktion ins Auge fassen.» Derzeit sei nicht vorgesehen, dass die Branchenorganisation Tête de Moine Exporthilfen für die USA spricht, bedauert er.

Abpacken von Tête de Moine für den US-Markt.Bild: watson

Als wir sie besuchen, verpacken Mitarbeitende der Käserei gerade Tête de Moine, der für die USA bestimmt ist. Florian Spielhofer sagt dazu:

«Diese Bestellung ist uns bereits zugesichert. Sie wird zwar mit 39 Prozent Zoll belegt, aber die Mehrkosten müssen nicht wir tragen.»

Man könnte meinen, auf den US-Markt – es sind ja nur 4 Prozent der Exporte – zu verzichten, sei wirtschaftlich verkraftbar. «Nur: Diese 4 Prozent sind das Ergebnis einer gezielten Markterschliessung. Die lassen sich nicht einfach von heute auf morgen auf andere Märkte umleiten. Auch wenn wir überzeugt sind, dass Tête de Moine anderswo Potenzial hat – angefangen bei uns in der Schweiz, wo er noch nicht überall bekannt ist», sagt der Mitinhaber der Käserei in Saint-Imier.

Gewinn geht flöten

Eine Reduktion der Tête-de-Moine-Produktion um 4 Prozent bedeutet überdies entgangenen Gewinn – für Milchproduzenten, Hersteller und Affineure.

«Der Liter Milch für diese AOP-Marke wird sehr gut bezahlt – er zählt weltweit zu den teuersten.»

Florian Spielhofer

Es gibt allerdings nicht nur AOP-Käse, sondern auch andere Sorten. Die Brüder Spielhofer machen davon rund dreissig – darunter die Käsesorten Horloger («Uhrmacher») und Mont-Soleil, Namen, die stark nach lokalem Erbe klingen.

Stolze Produzenten

Im grossen Saal mit den Kupferkesseln, wo die Milch zu Käse wird, macht sich Noah, Lernender im dritten Lehrjahr, daran, die 496 Formen zu füllen, die für die Herstellung des Tête de Moine reserviert sind. Die noch frischen, weissen Laibe kommen anschliessend in ein Salzbad, bevor sie auf Tablare gelegt und dort mindestens 75 Tage gereift werden. «In diesem Keller lagern über 40’000 Laibe», sagt Florian Spielhofer sichtlich stolz.

Florian Spielhofer und Noah vor den Formen für Tête de Moine.Bild: watson

Der Käser versichert: «Mitarbeitende mit Festanstellung müssen sich um ihren Arbeitsplatz keine Sorgen machen. Künftig werden wir jedoch wohl weniger auf Temporärkräfte zurückgreifen.»

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